Option 08/15?

Seit 5 Jahren bin ich nun verheiratet. Mit einem wundervollen Mann. Er ist katholisch. Kennengelernt haben wir uns 2004 in Taizé. Unsere Hochzeit war ein rauschendes Fest, das bis heute nachhallt. Mittlerweile haben wir zwei liebenswerte Kinder.

Ach ja, so soll es sein, nicht wahr?

Oder doch nicht?

Als wir neulich mit Freunden am Küchentisch saßen und die Nacht – ganz entgegen unserer Gewohnheit als frühaufstehenden Eltern – zum Tag machten, kamen wir uns plötzlich vor, wie zwei, die sich in ihrer Ehe eingeigelt hatten und von „dem Leben da draußen“ schon lange nichts mehr mitbekommen hatten. Das Gespräch drehte sich unentwegt um eine Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten, eine Beziehung zwischen zwei Menschen zu leben.

Darf es eine Affäre sein? Mmhh, klingt vor allem aufregend und spannend. Oder doch lieber nur ein unverbindlicher Flirt? Oder eine Begegnung, der man in aller Freiheit erst gar keinen Titel verleiht? Eine Freundschaft? Mmhh, naja, vielleicht. Ach ja, da hätten wir ja auch noch die „Freundschaft Plus“. Wow, das hört sich vielversprechend an. Ob „Plus“, „Premium“ oder gar „Gold“ als Zusatz, das muss ja wohl was Tolles sein!

Man verzeihe mir an dieser Stelle, wenn ich dann doch nicht alle Optionen aufzähle, die es (angeblich) gibt.

Nicht unerwähnt bleiben soll jedoch, dass man auch Optionen miteinander kombinieren kann, wenn ausreichend Verhandlungsbereitschaft vorhanden ist. Das führt dann bspw. zu so etwas wie „unverbindliche Affäre mit Exklusivitäts-Bonus“. Hierbei möchten sich die zwei den Abenteuercharakter einer Affäre aufrechterhalten und gleichzeitig auf die Intimität, die mit einem Eheversprechen einhergeht, vertrauen. Oder, oder, oder…. Es sind offensichtlich der Optionen viele.

Mir schwirrt der Kopf.

Dann überlege ich weiter: Welchen Stellenwert nimmt eigentlich in dieser Vielzahl der Möglichkeiten die Ehe ein? Ist sie die „Option 08/15“? Zum Beispiel, weil sie althergebracht ist, man sich festlegen muss, angeblich keinen großartigen Abenteuercharakter zu erwarten hat, sondern über kurz oder lang die Tristesse des Alltags über einen herein brechen wird?

Worum geht es hier eigentlich?

Um die Begegnung zwischen zwei Menschen oder um deren Vermarktung?

Wenn zwei sich auf den Weg machen, so denke ich, brauchen sie vor allem eines: gute Wanderschuhe. Da kann man sich von „Plus“, „Premium“ und der Kombination neuester Materialien verleiten lassen, ja, das kann ich schon verstehen. Was aber, wenn „Premium“ nicht für den Abstieg, sondern nur für den gemeinsamen Aufstieg konzipiert wurde? Oder bei der Kombination der Materialien die Eigenschaft „wasserabweisend“ Punkte an die Kategorie „Design“ abtreten musste?

Da kann ich nur mutmaßen.

Oder zuhören, wie versucht wird eine „Premium“-Enttäuschung mit „Gold“ zu verwischen.

Gute Wanderschuhe haben Profil, sind solide und unterliegen einer langjährigen Entwicklung und Optimierung im Gelände. Ja, in einer Ehe muss man sich festlegen, denn das schafft Verlässlichkeit und Vertrauen. Es gibt sie schon lange und doch nicht ganz genau so, wie ich meine Ehe lebe, du deine oder sie ihre Ehe lebt. Und der Alltag? Der wird, wenn man genau hinschaut – und erst recht, wenn Kinder da sind – zu einem ernst zu nehmenden Abenteuer, das gemeinsam bestanden und gemeistert werden will.

Option 08/15 ?

Ja, vielleicht für den ein oder anderen. Für mich nicht.

Jasmin Bartel

Foto: Schwarzwert Naturfotografie: By the Lake (CC BY 2.0)

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