Erden, erden, erden

Vor ein paar Tagen war die Beerdigung. Groß war sie, trotz Corona. Fast alles ist so abgelaufen, wie die, denen es wichtig war, es sich gewünscht haben. Das zählt. Jetzt bin ich wieder zu Hause, im Frühherbst, und habe das dringende Bedürfnis, etwas zu pflanzen. Nicht auf meinem heißgeliebten Ackerstück, sondern auf dem Balkon, wo ich es täglich sehen kann.

Im samstäglichen Gewusel des Baumarkts gehe ich zielgerichtet auf die Kräuter zu. Bislang waren das die einzigen Topfpflanzen, die auf den Balkon kamen – mit Ausnahme einiger Tomatenpflanzen. Hauptsache essbar und ein paar Blüten für die Bienen. Bei genauerem Hinsehen stelle ich fest, dass Oktober nicht der beste Monat ist, um Küchenkräuter zu pflanzen. Also setze ich den Streifzug fort und bleibe bei den klassischen Grabbepflanzungen hängen. Heidekraut, etwas, das aussieht wie Stacheldraht und sowas mit netten rosa Beerchen. Und natürlich Deko-Kohl. Kurz entschlossen packe ich den Korb voll und die Pflanzen zuhause in die Balkonkästen. Erst mithilfe einer kleinen Schaufel, dann aber nur noch mit den bloßen Händen. Ich spüre förmlich, wie ich den Kontakt zur Erde brauche – mit jedem Finger und mit nackten Füßen auf dem kalten Boden. Erden, erden, erden – nach diesen Wochen des Begleitens, Haltens, selbst Abschiednehmens. Es tut unendlich gut und führt letztlich – das wird mir jetzt, wo ich hier mit meinem Kaffee in der Herbstsonne sitze, bewusst – den Prozess weiter. Brücken bauen zwischen Himmel und Erde, Zeiten bewusst gestalten, dabei die Jahreszeit wahrnehmen und den Kontakt zum Boden nicht verlieren. Dafür kann man sich schonmal samstags durch den Baumarkt quälen.

Foto: Ricardo Soria/Unsplash

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