Ver­füg­bar­keit

von Mareile Mevihsen

Ver­füg­bar­keit

von Mareile Mevihsen

Heu­te wür­de ich ger­ne das Han­dy abschal­ten. Es gibt immer Tage, da wünscht man sich, dass es eine Nach­richt anzeigt. Aber aktu­ell meh­ren sich die Tage, da steht es nicht still, dabei bin ich nicht mal in Whats­app-Grup­pen.

Ich bin social-media-müde, ich wür­de gern mal off­line gehen. Prak­tisch unmög­lich. Ver­füg­bar sein ist das neue “sich-rar-machen”. Also koor­di­nie­re ich bei den Ori­en­tie­rungs­ta­gen mit der Schul­klas­se, die ich teame, in den Pau­sen fol­gen­de Din­ge: Ver­ab­re­dun­gen für die nächs­ten zwei Wochen, Kran­ken­haus­be­suchs­dienst bei Papa, die Kin­der­be­treu­ung, wer mit dem Hund raus geht, meh­re­re Ebay-Käu­fe, ein beruf­lich mora­li­sches Dilem­ma an zwei Fron­ten, beant­wor­te alle auf­ge­lau­fe­nen “Lang nichts mehr von dir gehört”-Anfragen, schi­cke noch­mal grad die Bit­te, mir am Abend was auf­zu­neh­men und berei­te neben­bei die nächs­te Arbeits­ein­heit vor. Das alles übri­gens auf durch­schnitt­lich fünf Stun­den Schlaf wegen gebro­che­ner Rip­pe.

Die meist geschrie­be­ne Ant­wort auf Nach­rich­ten mei­ner­seits lau­tet der­weil “Du sor­ry, konn­te mich nicht mel­den, weil.…aber so in zwei Wochen hab ich wie­der Zeit.” Nur, dass ich die nicht haben wer­de, weil die schon längst belegt sind mit den Anfra­gen von letz­ter Woche.

Ich mag nicht mehr ver­füg­bar sein. Ich mag auch nicht mehr small­tal­ken die­sen Monat. Ich will kei­ne bestürz­ten Smi­leys mehr. Und auch kei­ne küs­sen­den. Kei­ne Fake News und kei­ne Kat­zen­vi­de­os. Kei­ne was-wäre-wenns. Kei­ne Bezie­hun­gen, die nur vir­tu­ell statt­fin­den.

Ich will ein biss­chen mehr ech­tes Leben. Mit weni­ger Ver­an­stal­tungs­ein­la­dun­gen und mehr spon­ta­nem Kaf­fee­trin­ken. Mit Lachen, das ich hören kann und nicht nur sehen. Mit Anfas­sen, nicht mit küs­sen­den gel­ben Bil­dern von Emo­tio­nen, son­dern mit fes­ten Umar­mun­gen oder einem Hand­schlag. Ich will Gesprä­che, jen­seits von Selbst­dar­stel­lun­gen und Mas­ke­ra­de. Und die nicht zwi­schen zwei ande­ren Ter­mi­nen lie­gen. Mit mehr Nähe als Ein­sam­keit. Und mehr Ehr­lich­keit. Und manch­mal möch­te ich ein­fach da sein dür­fen, ohne etwas sagen zu müs­sen. In dem Wis­sen, mich gebor­gen zu füh­len bei Men­schen. Und die Ruhe haben, ihnen etwas Ver­gleich­ba­res zu sein.

Und ich weiß nicht mal wann mein letz­tes Gebet war, so fliegt die Zeit. Aber viel­leicht war das grad eins. Und viel­leicht hörst du es ja, wenn du denn über­haupt ver­füg­bar bist für mich. Amen.