Scoute dich

Der Höhepunkt des Band-Auftritts ist “Africa” von Toto. Die Menge rastet aus. Samstagabend, Pfadfinderzeltplatz, Jubiläum. Mein Stamm wird 85 Jahre. Die Party ist der Hammer.

Pfadfinder bin ich eigentlich damals nur geworden, weil meine Schwester dabei war und meine erste Gruppenleiterin wurde. Als Teenie hab ich dann aufgehört, anderes wurde spannender. Mit 18 haben sie mich dann wieder eingekauft und ich tauchte ein in etwas, dass mein Leben positiv mehr prägen sollte als alles zuvor. Vor ein paar Tagen saß ich mit einem Bekannten zusammen, der sagte, dass man schwerlich Außenstehenden erklären könne, wie das sei, mit diesem Hobby, das eben keines ist sondern viel mehr. Ich versuchs hier mal:

Nach einigen Jahren im Stamm, mit vielen neuen Freundschaften, einer romantischen Liebe und einer sich stetig steigernden Insektenphobie zog es mich durch die Leiterausbildung auf die Diözesanebene. Ein Lernfeld unerschöpflicher Möglichkeiten. Plötzlich fühlte ich mich zum ersten Mal in meinem Leben am richtigen Platz, wurde ich angenommen in meiner ganzen Person, mit all dem Guten in mir, dass mir selber nicht bewusst war. Ich begann eine Persönlichkeit zu werden. Mein Herz schlug grün und es schlug laut. Und es fehlt mir, nicht mehr dort aktiv zu sein, es fehlt mir wahnsinnig.

Ich weiß nicht, ob man so etwas im Sportverein auch erleben kann, vielleicht, wenn man Glück hat, da wo Teamgeist mehr ist als Siegen. Pfadfinder sein ist nichts, aus dem man austreten kann, wenn es in dir steckt. Es ist eine Auffassung vom Leben, ein Einsatz für das Gute, geprägt von dem Glauben an eine bessere Welt. Es verbindet dich mit Menschen, die dir fremd sind und es schafft Nähe, bevor du weißt, dass sie da ist.

Sie ist ja viel belächelt, unsere Spiritualität. Den Frommen manchmal zu naiv, zu einfach. Den Zweiflern zu ehrlich und zu bodenständig. Und genauso einfach ist es vielleicht auch. Verpflichtung gegenüber Gott, sich selbst und anderen, heißt das in unseren Worten.

Und genauso einfach kann das sein, wie gestern, als alle gemeinsam zum Sound der Band tanzten. Als wir einen Kreis bildeten und lauthals mitgröhlten, 3-4 Generationen Pfadfinder zwischen 15-60 so grob geschätzt. Arm in Arm beim letzten Lied. In meinem Arm meine Schwester. Nie war ich ihr näher. Hierfür schlägt unser Herz gemeinsam.

Irgendwann ist es Nacht. Es ist leiser geworden. Wir sitzen ums Feuer. Wir singen. Neues und Altes. Lieder die Jahrzehnte und Generationen überdauern. Jegliches Zeitgefühl verrinnt unterm Sternenhimmel. Das bin ich, flüstert es plötzlich in mir. Das ist meine Heimat. Hier ist mein Ich-bin-da-für-dich. Wo immer ein Feuer brennt und wir aus derselben Hoffnung heraus zusammen kommen, diese Welt ein bisschen besser zu hinterlassen als wir sie vorgefunden haben. Zu spüren dass da soviel mehr ist unter der Weite des Nachthimmels.

Das ist bestimmt nicht super fromm. Und manch einer unter uns würde das nie Gott nennen. Aber ich bin mir ziemlich ziemlich sicher, dass ich Gott nie näher war, als dort mit euch am Feuer. Wenn wir zusammen kommen um das Leben zu feiern. Immer und immer und immer wieder.

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