Karfreitag.

Seit ich im Kloster bin, feiere ich ihn anders als früher. Morgens ist die Liturgie streng und düster, angelehnt an die jahrhundertealten dominikanischen Traditionen. Die Feier um 15:00 Uhr dagegen passen wir etwas an, denn wir leben mitten in unseren Kinderdörfern und möchten, dass möglichst auch unsere Kinder und Jugendlichen verstehen, worum es geht.

Die Passion lesen wir mit verteilten Rollen (das ist noch relativ normal), aber es hat sich eingebürgert, dass die Sprecher der kleineren Rollen in den Bänken bleiben und nur aufstehen, wenn sie dran sind. Das gibt eine unglaubliche Stimmung. Zum einen ist es spannender für die Kids: wo passiert als nächstes was? Aber auch geistlich ist es intensiver, denn plötzlich wird einem körperlich bewusst, dass die Pförtnerin, die Soldaten, die Juden, der Petrus… Leute aus dem Volk sind, Menschen wie du und ich.

Ich erinnere mich an mein erstes Jahr als Novizin, da hatte ich auch so eine kleine Rolle. Einen Satz oder so. Und dann musste ich an einer Stelle zusammen mit einigen anderen aufstehen und laut in die Kirche rufen: “Weg mit ihm! Kreuzige ihn!” Mitten aus der Menge heraus. Das geht unter die Haut. So war es diesmal auch.

Nachher haben wir zur Kreuzverehrung die Möglichkeit gegeben, geknotete Tücher am Kreuz abzulegen, als Zeichen für all das, was in uns verknotet und verkorkst ist, und was Jesus (er)lösen soll. Wer wollte, konnte einen solchen Knoten auch mit nach Hause nehmen, zur Erinnerung oder zum weiteren Nachdenken. Und – wer weiß – vielleicht bringen ja auch einige ihn in die Osternacht mit, um ihn im Osterfeuer zu verbrennen!

Sr. Barbara

«

»