Ich kenne dich
„Ich kenne dich.“
Nicht viel mehr Worte beinhaltet deine Nachricht an mich. Und ich muss daran denken, wie oft Menschen diesen Satz wohl benutzen. Oftmals mit Häme im Sinne von „Ich kenne dich, Freundchen“. Selten beinhaltet er Gutes.
Dein Satz hingegen ist anders. Dein „Ich kenne dich“ sagt: Ich weiß um dich. Ich kenne dein tiefstes Innerstes. Ich blicke durch das hindurch, was du mich sehen lässt, auf den Grund. Es sagt: Bei mir musst du niemand anders sein, als du selbst. Darfst schutzlos sein und verletzlich. Denn hier bist du sicher. Dein „Ich kenne dich“ sagt: Meine Augen sehen dich, meine Ohren hören dich, meine Arme sind offen für dich. Es sagt: Ich nehme dich an in deiner einzigartigen Menschlichkeit. In deinem Strahlen. In deinen Brüchen. Voll von Liebe.
Oh, wie ich ihn brauche diesen Satz in diesen Zeiten, in denen wir alle aufgebraucht sind und uns sehnen. In denen wir weitermachen und weiter, weil alles andere keine Option ist. In dem wir die letzten Reserven mobilisieren und immer wieder sagen „Nur noch“. Nur noch ein paar Wochen. Diese letzte Welle. Nur noch bis nach den Impfungen. Nur noch bis alles wieder normal wird. Wird es das? Mein „Nur noch“ ist müde.
Dein „Ich kenne dich“ ist der Ort, an dem ich loslassen kann. An dem Wut und Trauer geborgen ist. An dem Erschöpfung zu Energie wird. Quelle meines Lachens. Und meiner Zuversicht. Liebe gewinnt.
„Ich kenne dich“, schreibst du. Und ich weiß, dass es stimmt.
Foto: Morteza Yousefi/Unsplash