Ich kam mit dem Wüstenwind

Was könnte man nicht alles tun, wenn man seinen Urlaub auf Balkonien verbringt?

Neben Eisdielentreffs mit Freunden, Telefonflatrate voll ausnutzen, mal wieder in den Himmel gucken, gutes Essen und guten Wein mit besonderen Menschen genießen, habe ich mir einen großen Stapel Urlaubslektüre zugelegt. Zwischen Krimis, Comedy, Psychologie und Klassikern stieß ich auf eine Biographie die mich sehr bewegt und angerührt hat und ich möchte davon erzählen:

Die Biographie “Ich kam mit dem Wüstenwind” erzählt die Lebensgeschichte von Michaela de Prince, die mit ihren 21 Jahren bereits mehr Lebenserfahrung gesammelt hat als man sich vorstellen kann. Aufgewachsen in Sierra Leone erlebte sie bereits im Kleinkindalter, wie ihr Vater im Bürgerkrieg erschossen wurde und ihre Mutter an Lassa-Fieber starb. Als Waisenkind musste sie zusehen, wie ihr einfach alles genommen wurde, sogar ihr Name. Angesprochen mit “Nummer 27” lebte Michaela (damals noch Mabinty Bangura) in Hungersnot, Armut und ständiger Angst vor den Rebellen, die grundlos töteten. Bereits im Alter von vier Jahren überlegte sie sich eine Überlebensstrategie, als sie auf dem Gelände des Kinderheims eine alte Zeitschrift fand. Auf dem Cover lachte ihr eine glückliche Ballerina in einem rosa Tutu entgegen und Michaela fasste den Entschluss: Falls ich überleben sollte, möchte ich so eine anmutig schöne Tänzerin werden. An dieser Hoffnung und Überlebensstrategie hielt sie fest und jeder Gedanke floh in ihre Tanzwelt.

Außer ihrer Kleidung am Leib, war dieses Foto ihr einziges Hab und Gut und sie beschützte es wie einen goldenen Schatz. Als Flüchtlingskind schaffte sie es bis nach Ghana, wo sie und ihre Freundin von einer Familie aus Amerika empfangen wurden. Nach einer kurzen Kennenlernphase wurden beide Mädchen von Familie de Prince adoptiert und ihre Ausreise in die USA wurde so schnell wie möglich vorbereitet. Es war nicht klar ob Michaela den Flug und die ersten Wochen überleben würde – aufgrund von Krankheit und chronischer Mangelernährung. Aber sie besaß einen enorm großen Kampfgeist und behielt ihr Überlebensziel klar vor Augen.

Heute ist die 21-Jährige eine der besten Tänzerinnen weltweit und hat es geschafft sich an die Spitze zu tanzen. Das war nicht leicht, da es neben der harten und großen Konkurrenz kaum dunkelhäutige Ballerinen gibt. Sie gab nicht auf und eroberte mit eingefärbten Strumpfhosen, Spitzenschuhen und Tutus die Welt.

Ich bin berührt von ihrer Geschichte, von ihr… und frage mich: Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Was wäre meine Überlebensstrategie und würde mich durch tiefes Leid tragen? Was und wo ist mein Halt?

Kerstin Schützendorf

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