Holunderblütengelee – Das etwas andere Rezept
von Anita Maibaum
Holunderblütengelee – Das etwas andere Rezept
von Anita Maibaum
Man nehme:
- 1 Paar offene Augen
- 1 Fahrrad (zu Fuß geht auch)
- 1 Rosenschere (zur Not eine normale Schere)
- 1 Stoffbeutel
Als ich Anfang Mai an einer Kräuterwanderung teilnehme, bin ich erstaunt, wie viele Heilkräuter bei uns in der Umgebung einfach so am Wegesrand wachsen. Was uns bei dieser Wanderung erzählt wird, kann ich natürlich nicht alles behalten, geschweige denn die Kräuter später noch wiedererkennen. Einige schon, aber manche sehen sich so ähnlich, dass ich mich da nicht alleine ran trauen würde. Was ich auf jeden Fall kenne, sind Holunderblüten. Die Leiterin der Wanderung hat unter anderem Apfel- Holunderblütengelee mit Brot zum Verkosten dabei. Eine Mischung aus trübem Apfelsaft und Holunderblütenaroma. Es schmeckt einfach köstlich und ich nehme mir vor, das auf jeden Fall selber mal herzustellen. Da schon jetzt überall Holunderblüten zu sehen sind, trage ich mein Vorhaben direkt in meinen Kalender für das Wochenende ein. Ich schaue vorher im Internet nochmal nach, um sicher zu gehen, dass ich alle Zutaten zu Hause habe. Man braucht nur noch Apfelsaft, Gelierzucker und Zitronensaft.
Das Wetter spielt auch mit und ich brauche mit dem Fahrrad nicht weit zu fahren, bis ich die ersten Blüten entdecke. Was die Natur uns so alles an jeder Ecke bereithält! Bewaffnet mit einer Rosenschere geht das Abschneiden leicht und in kurzer Zeit habe ich 25 Dolden in meinem Stoffbeutel. Gut, dass ich meine Jeans und feste Schuhe anhabe, denn unterhalb des Holunderstrauchs stehen jede Menge Brennnessel. Das ist oft so in Kombination, wie ich später feststelle, nachdem ich mehr darauf achte, wo überall Holunder zu finden ist.
Was mir aber bisher noch nie aufgefallen ist, ist die vollendete Schönheit der einzelnen Holunderblüten. Von weitem und im Vorbeispazieren oder beim Fahrradfahren habe ich die Blüten nie als etwas Besonderes gesehen. Eher als eine gewöhnliche Pflanze, da sie auch mit ihrer Farbe nicht unbedingt besticht. Sie ist nicht schneeweiß sondern eher unauffällig creme- bzw. gelb-weiß. Aus der Nähe betrachtet ist sie jedoch wunderschön, sehr zart und filigran und durch die Vielzahl der einzelnen kleinen Blüten entsteht eine prachtvolle stolze Dolde, die ihresgleichen sucht.
Froh und glücklich wie ein Kind, das zum ersten Mal etwas Neues entdeckt, mache ich mich mit meiner Beute auf den Heimweg. Wenig später bin ich erstaunt, dass etwas so Zartes auch nach dem Abspülen unter laufendem Wasser noch standfest zusammenhält. Die einzelnen Dolden tupfe ich vorsichtig auf Küchenpapier trocken und gebe sie in einen großen flachen Topf. Den trüben Apfelsaft gieße ich zum Schluss darüber und verschließe den Topf mit einem Deckel. 24 Stunden soll jetzt die Masse ziehen. Nach einer Stunde hebe ich neugierig, aber andächtig den Deckel und ein süßlich fruchtiger und einzigartiger Geruch steigt mir entgegen. In den nächsten Stunden muss ich immer mal wieder meine Nase in den Topf stecken und rieche schon jetzt den Geschmack des späteren Gelees.
Ergriffen von einem tiefen Glücksgefühl, mit so einfachen Dingen mir selber eine Freude zu bereiten, lege ich mich ins Bett und kann es kaum erwarten, am kommenden Abend das Gelee fertigzustellen.
Foto: Anita Maibaum