Hinhören

„Don’t let the noise of others‘ opinions drown out your own inner voice.“ – Steve Jobs

Dieses Zitat von Steve Jobs aus dem Jahr 2005 fiel mir vor kurzem – vielleicht auch durch meine neue Verbindung zum Begriff des Rauschens – direkt ins Auge und ließ mich dann irgendwie nicht mehr los. Jobs spricht hier von „noise“, übersetzbar vielleicht mit einem Grundrauschen, Störrauschen oder einem Lärm, der anscheinend die Gefahr in sich birgt, uns, unsere innere Stimme zu überlagern.

Gefunden habe ich dieses Zitat im Kontext des Begriffs der Authentizität. Authentisch sein, echt sein, kongruent sein, was heißt das eigentlich? Bin ich das eigentlich? Und lasse ich meine innere Stimme vom Grundrauschen der Meinung anderer überlagern?

Authentisch sein, das hat etwas damit zu tun, sich selbst gut zu kennen, dazu zu stehen, wie man selbst ist und dieses „Man-selbst-sein“ schließlich auch zu leben. Klingt gut, gar nicht so leicht und irgendwie auch ein bisschen selbstbezogen. Authentizität als der neue Egoismus, die neue Selbstbezogenheit, passt das?

Ich glaube, das trifft es nicht. Ich glaube, dass hinter dieser Idee des Authentischseins eigentlich eine Botschaft steckt, die auch in der Wurzel des Christentums zu finden ist: Mich selbst grundlegend angenommen fühlen, mich selbst annehmen oder auch: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Und genauer hingeschaut steckt auch ganz schön viel dahinter, sich selbst einmal ganz ehrlich kennenzulernen, Fassaden zu erkennen, fallen zu lassen und dann genau dazu, was da zutage kommt, auch zu stehen; gerade auch dann, wenn es anderen vielleicht nicht gefällt. Das erfordert Mut, vielleicht auch Auseinandersetzung und Entscheidungen, befördert manchmal „kleine Monster“ zutage, aber bringt auch ganz viel ehrlichen Kontakt, Begegnung, Nähe. Denn nur, wenn ich ganz ich selbst bin und zu mir stehen kann, kann ich dem anderen ganz begegnen. Dann zeige ich mich, gebe etwas von mir und gehe damit auch ein Risiko ein; ganz ohne den Schutz und den doppelten Boden meiner gut eingespielten Fassadentechniken.

Die Zeit gerade hilft, mich in meinem Echtsein zu hinterfragen und kennenzulernen: Was, welche Begegnung, welches Event, welche Umarmung, wen vermisse ich gerade wirklich? Worauf freue ich mich? Welche Begegnung, die ich gerade noch (real oder digital) habe, ist wohltuend, echt? Wo kann ich in der größeren Ruhe Dinge „hören“, die mir guttun und die sonst viel zu kurz kommen? Was kann ich, jetzt, wo ich die Zeit dafür habe, richtig genießen? Und was verhindert sonst genau dies? Wo hält ein stetiges – oft selbst erschaffenes oder zumindest zugelassenes – „Grundrauschen“ oder geradezu „Lärm“ mich davon ab, das zu hören und zu tun, was mich wirklich ausmacht, was mir guttut und was mich durch mein „Ich-selbst-sein-können“ auch anderen wieder näherbringt? Ich glaube, es kann sich lohnen, immer wieder die Ruhe zu finden, genau hinzuhören.

Foto: christian buehner/Unsplash

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