Goldene Schuhspitze

Konferenztage sind nicht unbedingt meine Lieblingsbeschäftigung, aber gestern starteten wir mit einem Impuls in einer Kapelle in Aachen. Wir bekamen den Auftrag uns den Raum dort genauer anzuschauen. Mein Blick blieb beim Altar hängen: Außen komplett schwarz lackiert, ein Quadrat, vier Seiten aus Holz, die Vorder- und Rückseite offen und die Innenseiten sind mit Blattgold ausgelegt. Es war ein besonderes Spiel, dass da zwischen Dunkel und Strahlen stattfand. Ein Blick, wie durch einen Tunnel. Und ich erinnerte mich an die Messe, die ich dort einmal mitgefeiert hatte. Wenn man als Priester an diesem Altar steht, dann tritt man automatisch auf das Gold bzw. in den goldenen, strahlenden Raum hinein. Die Fußspitzen treten in den Quader hinein. An der Stelle, an der der Priester in der Regel steht, war das Gold auch schon etwas abgetreten. Das unlackierte Holz schimmert dort schon durch.

Und ich erinnerte mich an einen Satz, den ich schon früh gelernt habe: An den Schuhen kannst Du erkennen wie ein Mensch so drauf ist. Klar lässt das Raum zur Spekulation: Sind die Schuhe dreckig, weil der Mensch einen langen Weg gegangen ist, weil es draußen regnet, weil er zu faul ist diese zu putzen? Glänzen die Schuhe so sehr, weil er beeindrucken, etwas überspielen oder dem Anlass eine besondere Bedeutung geben will?

Mir wurde aber klar, dass ich nach der Messe damals wohl auch etwas von dem Gold mit nach draußen genommen habe. Meine Fußspitzen standen auch mit in dem Quader. Habe ich die Welt mit der besonderen Erfahrung dieser Feier ein wenig reicher, schöner, bunter, strahlender gemacht? Oder habe ich diese Erfahrung für mich behalten?

Klar, die Gedanken können noch weiter gehen. Ist hinter allem Gold nicht doch nur einfaches Holz, das vom Leben gezeichnet ist? Oder darf ich doch darauf hoffen, dass mein Leben zwischen Dunkel, Gold und einfachem Holz etwas Besonderes bleibt?

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