Egal wann, egal was
von Mareile Mevihsen
Egal wann, egal was
von Mareile Mevihsen
Irgendwann werde ich alle Sprachnachrichten und alle Textnachrichten hintereinander aufnehmen und sie mir anhören. Vermutlich werde ich in Liebe ertrinken. Wenn das möglich ist.
Es ging um Leben und Tod. Es krachte in mein Leben ohne Vorwarnung an einem Montagmorgen in November und ich wusste: Ab heute hat sich mein Leben für immer verändert.
Nicht weniger unvorhersehbar und kaum weniger intensiv, war das, was mein Umfeld diesem Bruch entgegensetzte: Uneingeschränkte Liebe.
Ich konnte nicht essen, also bekam ich Päckchen mit Müsliriegeln und dem Hinweis, das sollte man wohl schaffen einen zu essen und damit am Leben zu bleiben.
Ich schlief nicht und ich bekam Worte und Musik, die meinem Schmerz einen Rahmen gaben.
Ich konnte keine Berührung ertragen. Also bekam ich wohldosierte kleine Happen an Umarmungen.
Du kannst nicht hoffen? Ich hoffe für dich.
Du kannst nicht beten? Hier brennt eine Kerze für dich.
Es gibt zwei Sätze, die mir in all dem Overflow hängen bleiben. Einer ist “Egal wann, egal was”. JEDE einzelne Nachricht beinhaltete diesen Satz. Jede. Egal was du brauchst, egal was ich tun kann, ich bin da. Ruf an, Tag und Nacht. Und jeder einzelne von diesen Sätzen war zutiefst ernst gemeint.
Und dann gab es noch einen Satz, der mich getragen hat und der mit dem anderen im direkten Zusammenhang steht und der war: „Das wirft dich nicht um. Es wird dich treffen und berühren und verändern und es wird hart sein, aber es wird dich nicht umwerfen. Du hälst das aus.“
Und das tat ich. Ich grub sie aus, die Momente, die mich vermeintlich stolpern und stürzen ließen und ich betrachtete sie und wusste: Es ist wahr. Es wird aussehen als fiele ich und an manchen Tagen wird es mich alle Kraft kosten aufzustehen, aber ich wusste auch: Ich werde das überleben. Es wird ein neuer Tag kommen und ein neues Jahr und ein neuer Frühling und ich werde noch da sein. Und wieder aufrecht stehen.
Und die Zusage dieser Sätze: „Ich bin immer da“ und „Ich glaube an dich“ war das, was mich am Ende hat überleben lassen. Egal wann, egal was. Es war kein Fallen. Es war getragen werden.