Dieser Weg…

Neulich hatte ich ihn wieder. Einen von diesen Momenten, die einen früher oder später immer einholen. Einen von diesen Momenten, in denen man merkt, dass gewisse Sachen nicht zu hundert Prozent beherrschbar sind. Es geht mal wieder ums Thema Abschied.

Seit September 2015 heißt meine Heimat auf Zeit Simbabwe. In den vergangenen neun Monaten hat sich gewaltig viel ereignet. Ich habe eine Menge an Menschen getroffen, vage Freundschaften geschlossen, mich in einem neuen Umfeld zurechtgefunden und eine kleine Rolle ausgefüllt. Es war nicht immer leicht und es hat lange gedauert, aber jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, der mich zufrieden macht. Und gerade in diesem Moment, in dem man so richtig angekommen ist, tauchen sie wieder auf. Die ersten Gedanken zum Thema Abschied. In 60 Tagen, knapp zwei Monaten, bin ich zurück in Deutschland. Meine Zeit und mein Leben in Simbabwe werden dann Geschichte sein.

Einen Vorgeschmack auf das, was mich erwarten wird, habe ich schon einmal dieses Wochenende bekommen. Eine befreundete Freiwillige besuchte mich an meiner Stelle; als wir uns verabschiedeten, war das ein eher endgültiger Abschied. Man ist ein Jahr lang zusammen einen Weg gegangen, hat sich geholfen, gestritten und gemeinsam gelacht. Nun führt der Weg zu einer Abzweigung. Wir werden beide unterschiedliche Ausfahrten nehmen.

In einem Blog-Eintrag für Raumrauschen vom September 2015 schrieb ich schon einmal über das Thema Abschied. Ich kam damals zu der Feststellung, dass es in unserer heutigen Zeit eigentlich keine Abschiede mehr gibt. Facebook, WhatsApp, Skype – man kann doch irgendwie mit jedem zu jederzeit in Kontakt stehen.

Dabei vergaß ich, dass es in Wirklichkeit die Gewissheit der baldigen Rückkehr nach Deutschland war, die mich das Thema so ruhig angehen ließ. Ich wusste, dass sich die Wege meiner Familie, meiner Freunde und mir wiedertreffen werden. Im Falle von Simbabwe steht keine baldige Rückkehr an. Gut möglich, dass ich in zwei, drei Jahren wiederkommen werde. Meine Heimat auf Zeit wird aber nie mehr Heimat für mich sein. Wir werden uns vielleicht hin und wieder an einer Raststätte treffen, nie aber wieder gemeinsam unseren Weg gehen.

Das ist eine neue Qualität von Abschied, die ich so noch nicht kennengelernt habe. Bislang war Abschied von wichtigen Menschen quasi immer zeitlich beschränkt gewesen. „Abschied ist ein bisschen wie sterben“, heißt ein altes Lied. Natürlich kann Neues immer nur dann beginnen, wenn Altes vergeht. Traurig ist es manchmal trotzdem.

David Grzeschik

Foto: benyaa /photocase.de

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