Autobahn-Vollrausch

Und wieder so ein Vollrausch auf der Autobahn. Die Strecke zwischen Mönchengladbach und Aachen scheint es in sich zu haben – zumindest für mich. Diesmal bin ich aber nicht allein unterwegs, sondern mit einer Bekannten. Sie berichtet von vielen Um- und Abbrüchen in ihrem Leben und ich, ich sehe mich gerade selber auf der Überholspur. Bildlich und ganz real.

Nach 32 Jahren kann ich doch sagen, dass vieles wie im Flug gelaufen ist in meinem Leben. Schule, Studium, die ersten Berufsjahre, Familie, Freunde – alles ist nicht perfekt, aber doch recht gut. Es gab auch Einschnitte, teils dramatisch, teils tränenreich, teils dem Tode nah. Klar gab es auch Nächte und Tage, in denen mir ein „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ auf den Lippen lag. Es gab und gibt aber auch diese „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“-Momente, in denen ich alles überfliegen und abheben kann.

Ist das ignorant? Ist das zu kurz gedacht? Werde ich den Brüchen und Höhepunkten in meinem Leben nicht gerecht?

Warum aber gibt es dieses Gefühl ohne wirklich schwergründig-existentiellen Knick unterwegs zu sein?

Manchmal vermute ich, dass ich Erfahrungen auf den Moment verschiebe. Mein Leben kommt mir manchmal zu komplex vor zwischen allen Menschen, Terminen, Erfahrungen und Emotionen. Privat und beruflich ausgespannt zu sein zwischen so vielen Erfahrungen, das ruft auch nach Stabilität oder einer guten Verarbeitungsstrategie. Diese Stabilität und Verarbeitungsstrategie ziehe ich mir dann aus meiner Priesterweihe. Da habe ich sehr deutlich „Hier bin ich!“ sagen müssen. Erst im Auto zwischen Mönchengladbach und Aachen geht mir diese neue Dimension auf. Mit diesem „Hier bin ich!“, habe ich dem Moment eine Bedeutung in meinem Leben gegeben. Ich kann doch gar nicht anders als das „hier“ und das „bin“ im Sinn von „sein“ als momentanes „ich“ zu betonen. Drei Mal betone ich damit den Moment aus dem ich leben soll – nicht mehr und nicht weniger. Hier – bin – ich!

Foto: Cristian Iohan Ştefănescu: Playing Einstein. Nothing is real. (CC BY 2.0)

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