Am Lagerfeuer der Erinnerungen
von Frederik Schalburg
Am Lagerfeuer der Erinnerungen
von Frederik Schalburg
Stumm blickt er in den Himmel. Folgt mit seinem Blick den leisen Schleierwolken. Zart, fast zerbrechlich, wandern sie über den hohen Bogen.
Um sie herum erglüht es im rosigen Licht der Abendsonne. Es, diese Weite. Diese Steppe. Während die sanften Herden über sie schreiten.
Stumm blickt er in den Himmel. Beobachtet weiter das grasende Ziehen. Wie sie sich formen und ganz neu entstehen.
Leben wird geboren, Leben wird verändert, Leben findet neue Wege.
Er würde jetzt gerne rufen. Schreien, Phoenix aus der Asche. Zeig mir den Weg. Zeig mir wie.
Doch, so ein Kinderspruch. Gute-Nacht-Geschichte.
Und so blickt er weiter stumm in den Himmel.
Die blühende Rose des Abends zieht ihre Blüten, die sich wie Hände dem Gewölbe
entgegenreckten, in einem immer schneller werdenden Strudel zurück.
Das Hellblau vermischt sich, führt den alltäglichen Kampf, bis es dem matten Blau und schließlich der Schwärze weicht.
Der Sandmann derweilen in den Beutel greift und der Kometenschauer das Schwarz im Schweigen der Stille besprenkelt.
Seine Augen werden müde. Trocken, verwirrt blinzelt er, spürt wie die atemlose Spannung, die ihn wie eine Umarmung gehalten hat, sich in schauernden Wellen um ihn ergießt.
Fast, fast, denkt er.
Stumm wendet er den Blick nach oben.
Und nahezu vorsichtig, einem Kartenhaus gleich, erhebt sich die matte Scheibe aus dem dichten, dumpfen Kiefernwald vor ihm.
Die Welt erstrahlt im Dunst der Nacht. Die Steppe tobt leise im sanften Sturm.
Verschwommen tanzen die Punkte am Rand seines Blickes.
Und in der Mitte, das Glühen. Das Weiß.
Das Lagerfeuer der Äonen, mit der Ewigkeit als Gast.
Seine Augen tränen nun, brennen fast. Lautlos rinnt das Salz über seine Wangen. Sammelt sich in der Mulde an seiner Schulter und benetzt den bunten Schal, der viel zu eng um seinen Hals gelegt ist.
Seine Brust fängt an zu beben und er merkt, wie er nach Luft schnappt.
Atemlos fährt ihm ein Schmerz durch die Seite.
Und stumm wendet er den Blick zum Boden, seufzt, wischt sich mit dem Handrücken über den Mund und lässt die Luft ruhig durch seine Lungen fahren. Alles ist gut.
Während seine Tochter sich oben ans Feuer gesellt. Doch nicht allein und in Sicherheit, mit einem bunten Schal um den Hals.
Foto: Nitin Dhumal/Pexels