Aachener Ansichten

Wie sehe ich eigentlich meine Stadt? Die Stadt, in der ich arbeite und lebe, einkaufe und schlafe, ins Kino gehe… Der Ort, von dem ich auch gerne wegfahre und zu dem ich zurückkomme.

Oft sehe ich meine Stadt aus unterschiedlichen Perspektiven:

  • Wenn ich mit dem Zug nach Aachen reinfahre und ich das Panorama von Dom, Rathaus, Türen und Häusern, Lousberg und Straßen betrachte.
  • Wenn ich von meiner Wohnung zur Arbeit gehe und die Häuser, die Menschen, die noch kahlen Bäume, die Mülltonnen und die Baustellen sehe.
  • Wenn ich von meinem Dachfenster aus den Salvatorberg, das Parkhaus des Krankenhauses und die Wettersäule am Bahnhof erblicke.

Jeder Blick scheint vertraut und doch fern und auch neu.

Und doch kam mir letztens ein Gedanke, der mich noch beschäftigt. Ich sehe viel von außen. Die Häuser, die Türen, die Fenster, die Kirchen, die Arbeitsplätze. Aber was auf der anderen Seite der Mauern passiert, sehe ich nicht. Vielleicht höre ich einmal etwas aus offenen Fenstern (an dem Tag, als Joe Cocker starb, tönte es auf dem Weg zur Arbeit aus den Fenster mit seinen Hits – gleich mehrere Häuser nebeneinander). Aber ich kann nur vermuten, dass dort geliebt, gestritten, gekocht, gesprochen, getrennt, liebkost und geschlafen wird. Es ist für mich unvorstellbar, was alles in dieser Stadt vibriert, lebt, brodelt, schläft… Und nicht nur hier. Weltweit. Und immer wieder begleitet mich der Gedanke, ob da vielleicht jemand einsam oder mit anderen Menschen sitzt und lebt. Ich fühle aber auch eine tiefen Respekt vor unserem Gott. Respekt, weil er all dies auf dem Schirm hat und sieht, hört und miterlebt.

Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.
(1. Samuel 16,7)

Das kann ich nicht, darf ich vielleicht auch nicht, will ich nicht. Dennoch bin ich immer wieder erstaunt, was Menschen mir als Priester und als Seelsorger anvertrauen. Dinge, Erlebnisse, freudige und schmerzhafte Momente, die mir einen Blick hinter die Fenster und Türen, Wände und Plätze der Seelen schenken. Das ist nicht immer leicht und dann zählt auch für mich der Satz aus dem ersten Buch Samuel und ich bete und bitte: Herr, sieh mein Herz, und nimm Dir das zu Herzen, wie Du Dir hoffentlich auch das zu Herzen nimmst, was verborgen hinter den Türen, Wänden, Fenstern und Plätzen unserer Stadt geschieht.

Foto: © Depositphotos/rclassenlayouts

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