Warum Single?

Die Frage kam mehrmals hier auf. Anscheinend verwirrt es manche, dass ich in meinem Profil geschrieben habe: Priester und Single. Was ist daran denn merkwürdig?

Nach gut fünf Jahren als Priester im Bistum Aachen ist für mich der Zug „die Gemeinde als Familie“ längst abgefahren. Klar ist es schön und etwas Besonderes in Familien eingeladen zu werden. Aber das ist doch nicht meine Familie. Ich würde es eher eine Freundschaft nennen. Damit widerspreche ich Jesus, I know. Für ihn war klar: Während Jesus noch zu der Menschenmenge sprach, kamen seine Mutter und seine Brüder dazu. Sie standen vor dem Haus und wollten ihn sprechen. Einer aus der Menge sagte zu Jesus: »Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen dich sprechen!« Jesus antwortete ihm: »Wer ist meine Mutter? Wer sind meine Brüder?« Dann streckte er seine Hand über seine Jünger aus und sagte: »Das hier sind meine Mutter und meine Brüder! Denn wer tut, was mein Vater im Himmel will, der ist mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter.« (nach Matthäus Kapitel 12, Verse 46-50)

Ich bin immer als Single unterwegs. Ich stehe morgens alleine auf und gehe auch so ins Bett. Im Supermarkt schaue ich, dass ich die kleinen Packungen kaufe – mehr als zwei Portionen schaffe ich eh nicht! Oder der Rest muss eingefroren werden. Dieses Jahr habe ich zum ersten Mal einen Katalog für „Singlereisen“ auf meinem Wohnzimmertisch liegen. Ich bin frei darin meine Abende und freien Tage zu gestalten, weil ich nicht auf jemand anderen dabei Rücksicht nehmen muss. Und da gibt es noch viel mehr!!!

Ja, das sind Vor- und Nachteile. Aber als Priester lebe ich als Single! Dieses Leben will ich nicht verherrlichen, aber es ist die Realität! Es ist für mich hin und wieder lustig, wie sich Menschen so ein Priesterleben vorstellen. Die Medien bedienen genügend Klischees. Aber es unterscheidet sich nicht groß vom Leben eines anderen Single dort draußen. Na gut, mein Zölibatsversprechen bringt es mit sich, dass ich nicht auf der Suche nach meiner besseren Hälfte bin. Aber auch ich darf Menschen immer noch attraktiv und spannend finden und das Gen fürs Verlieben ist nicht mit der Weihe weggemacht. Da bleibe ich Mensch und dazu habe ich mich allein entschieden. Das macht das Leben nicht einfacher, aber ich gewinne auch Freiheit, die ich gut für mich und meinen Job gebrauchen kann. Dennoch bleibt es eine Herausforderung.

Ich freue mich mit Menschen, die heiraten und zusammenleben. Ich freue mich über jedes Kind, das zur Welt kommt. Ich schaue aber auch immer mit ein wenig Traurigkeit darauf. Denn das habe ich nicht. Dennoch rufe ich keine Revolution gegen die Ehelosigkeit aus. Ich weiß sie für meinen Job und mein Leben zu schätzen.

Ja, ich bin gerne Single und ich stehe auch dazu! Deswegen: Priester und Single! Was ist da so verkehrt dran?

Foto: markusspiske / photocase.de

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