Kommt alle mit

08:20 Uhr. Nieselregen, wir laufen zum Kindergarten. Das große Kind gröhlt lauthals und mit Inbrunst “Kommt alle mit, kommt alle mit, weil uns Gott geboren ist”, mit Choreo versteht sich. Folgen des Krippenspiels in dieser Woche. Auch wenn er keine Ahnung hat, was dann wirklich passiert und wie sich für ihn der Begriff Weihnachten füllen wird.

Die meisten Erwachsenen, die mir gerade begegnen, betonen, dass sie nicht in Weihnachtsstimmung sind dieses Jahr. Jedes Jahr dasselbe. Und manchmal frage ich mich, was wir denn eigentlich erwarten. Dass mit einer Tasse Glühwein, dem Anzünden einer Kerze und dem Aufstellen mehr oder weniger geschmackvoller Dekoration sich automatisch Besinnlichkeit einstellt?

Die Wahrheit ist, dass der Kindheitszauber der Erinnerung vermutlich nie zurück kommt, so sehr wir uns auch bemühen. Weil nichts an Weihnachten mühsam sein sollte. Wir warten im Advent und sind geneigt, zwischendurch ein wenig zu googlen oder zu twittern oder zu zocken oder was wir sonst so tun, wenn wir irgendwo warten müssen. Und dann kommt das Fest doch viel zu schnell und alles bleibt liegen. Geschmückte Bäume ab dem ersten Advent, weil keiner abwarten kann. Und dann kommt dieses Fest und nein, da ploppt keine Krippe in unser Leben, sondern da verkündet uns erstmal jemand große Freude. Und erwartet dass wir alles stehen und liegen lassen und losziehen gen Bethlehem.

Ich möchte behaupten, dass wir Weihnachten nicht auf die Spur kommen, wenn wir nicht unsere Schäfchen ins Schlepptau nehmen und einfach losziehen. Und dass die Suche nach dem Stern sich durch keinerlei weihnachtliche Accessoires bewerkstelligen lässt oder uns in Stimmung versetzt.

Dass wir uns aufmachen müssen aus unserer Komfortzone und in uns selber dieses Gefühl suchen müssen. Und dass wir bereit sind, Weihnachten im Miteinander zu finden. In einem ehrlichen Gespräch über Dinge, die wir nie aussprechen. In Nähe, die wir fürchten und die uns doch so bereichert. Wenn Gott da irgendwo ist, zwischen Lebkuchen und Lametta, dann ist er da, wo ich dir wahrhaftig begegne. Das feiern wir im Dezember: Gott kommt auf die Welt und begegnet uns in einem Menschen. Ich traf ihn zweimal in den letzten Wochen. Und manchmal morgens, wenn ich unter der Dusche stehe und die Nacht kurz war und draussen noch alles dunkel ist und dann einer singt:

Kommt alle mit, kommt alle mit, weil uns Gott geboren ist.

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