How is Simbabwe?

Wie fühlen sich knapp drei Monate Simbabwe an? Oft wurde mir diese Frage in den letzten Wochen gestellt. Von Freunden in Deutschland und von meinen neuen Bekannten in Simbabwe gleichermaßen. In den ersten Tagen kannte ich auf diese Frage nur eine Antwort. „Very different to Germany“. Inzwischen würde ich nicht mehr so salopp antworten. Natürlich ist es – verglichen mit Deutschland – anders hier. Andererseits: Ist es wirklich grundsätzlich „different“? Eine schwierige Frage – aber alles von Anfang an:

Nachdem ich Mitte September in Simbabwe angekommen war und eine erste Nacht in Harare, der Hauptstadt des Landes, verbracht hatte, ging es für mich weiter nach Bulawayo. Es ist die zweitgrößte Stadt, die im Westen des Landes liegt. Dort verbrachte ich meine erste Woche in Simbabwe bei den Mariannhiller Missionaren. Der bunte Mix in der Gemeinschaft – neben zahlreichen afrikanischen Patres leben dort auch welche aus Deutschland und den USA – ergaben sich erste interessante Gespräche. Ich lernte Simbabwe ein bisschen besser kennen, half beim Einkaufen, lernte stundenlange Stromausfälle kennen. Diese erste Woche zur Eingewöhnung war gut und wichtig – denn als nächstes stand mir der Sprung ins kalte Wasser bevor.

Exakt sieben Tage nach meiner Ankunft ging es weiter an meine Stelle, an der ich im nächsten Jahr mithelfen darf: die „St. Francis Secondary School“. Sie umfasst über 400 Schüler und knapp 18 Lehrer. Ich selbst lebe hier in einer Schwesterngemeinschaft von vier Nonnen, mit denen ich mich sehr gut verstehe. Vor einigen Wochen habe ich begonnen, Mathe zu unterrichten. Auch in der Theater-AG helfe ich mit.

Eines vorweg: ÜBER-leben lässt es sich in Simbabwe problemlos – am Nötigsten mangelt es nicht. Was das Thema MIT-leben angeht, brauchte ich in der Tat ein wenig Eingewöhnung. Kein durchgehend vorhandenes Internet, kein warmes Wasser und ein äußerst dürftig ausgestatteter Raum: Mit einem Mal kamen eine Menge an Umstellungen auf mich zu. Das war am Anfang alles etwas viel. Nach einigen Wochen an meiner Stelle würde ich nun aber fast behaupten, dass ich angekommen bin. Wobei – wirklich angekommen? Ähnlich wie die eingangs gestellte Frage („Wie fühlen sich drei Monate Simbabwe an?“), denke ich auch oft über Letzteres nach. Bin ich wirklich schon angekommen in Simbabwe? Teil der Gemeinschaft?

Oft frage ich mich, welche Rolle ich an meiner Schule einnehme. Bin ich Lehrer? Naja, zwar unterrichte ich, aber nein, nicht wirklich. Zum Lehrer bin ich nie ausgebildet worden. Bin ich Bruder? Ich lebe zwar mit den Schwestern, aber ich gehöre keiner Ordensgemeinschaft an – auch nein. Schüler? Altersmäßig am ehesten, aber irgendwie auch nicht. Ich unterrichte ja schließlich, habe mein Abi schon in der Tasche. Irgendwie bin ich von allem ein bisschen. Aber nichts so richtig. Anderes Beispiel: Die Sprache. Das Englisch öffnet einem quasi jede Tür. Man kann mit vielen Menschen in Kontakt treten. Man lacht über dieselbe Witze, über die man auch in Deutschland lacht. Trotzdem: Die Landessprache, Ndebele, fehlt mir. Beginnen die Menschen hier in Ndebele zu kommunizieren, werde ich schnell zum Außenseiter, der überhaupt nichts mehr versteht.

Schaue ich abends in den Himmel, ich sehe den gleichen Mond und die gleichen Sterne wie in Deutschland. Nein, ich bin wirklich nicht von dieser Welt. Andererseits: Mein Zuhause ist 12.000 Kilometer entfernt, liegt auf einem anderen Kontinent, auf der anderen Erdhalbkugel. Unglaublich weit weg. Während ich schon um 7 Uhr morgens schwitze, herrscht in Deutschland derzeit eisige Kälte. Deutschland und Simbabwe – sind das nicht doch zwei ganz unterschiedliche Welten auf einem Planeten?

Was die Kinder in der Schule lernen, erinnert mich oft exakt an das, was ich noch vor einigen Monaten durchgenommen habe. Die Ähnlichkeiten sind teilweise verblüffend groß. Und dennoch könnte der Erfahrungshorizont zwischen den Kindern an meiner Schule und mir kaum unterschiedlicher ausfallen. Während ich zurzeit einen für mich gänzlich neuen Teil der Welt erkunde, waren einige Kinder noch nicht einmal in der 180 Kilometer entfernten Stadt. Während Schnee im Winter bei uns etwas selbstverständliches ist, haben die meisten hier gar keine Vorstellung von Schnee.

How is Simbabwe? Ich werde Zeit brauchen, um mir zu dieser Frage eine Meinung zu bilden. Die Erfahrungen, die ich in den ersten Monaten hier gesammelt habe, sind für mich noch schwer einzuordnen. Oft erinnern sie mich an Deutschland, manchmal sind sie allerdings gegensätzlich und ab und zu gar widersprüchlich. Eines war jede einzelne Erfahrung bis jetzt aber immer: Eindrucksvoll.

David Grzeschik

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