Heimat es …

Der echte Karnevalist hört Karnevalsmusik auch bei 40 Grad im Schatten und auch schon mal acht Monate vor der nächsten Session. So ist das nun mal. Und so laufe ich mit „kölsche Tön“ in den Ohren vom Büro nach Hause und höre dieses wunderbare Lied von den Paveiern: „Heimat es jo nit bloß e Woot nur“. Stimmt! Aber was ist Heimat? Ein Ort, in den ich hineingeboren wurde? Die Familie? Dort, wo ich mich wohlfühle? Bei Menschen, die mir viel bedeuten? Gibt es Heimat nur an einem oder auch an mehreren Plätzen dieser Welt? Dadurch, dass wir heute rund um den Globus reisen können, öfter umziehen als zu früheren Zeiten und immer wieder neuen Menschen begegnen, ist der Begriff „Heimat“ vielleicht ein anderer als vor 100 Jahren. Und ab wann stellt sich ein „Heimatgefühl“ ein? Wie schön, dass der Sänger mir in diesen Fragen weiterhilft, wenn er singt:

„Heimat es do, wo du dich uskenns
Heimat es, wo du ding Stroße jeihs
Di janz Lääve vun d’r Wieje bes zor Bahre
Heimat es, wo du verstande wees
Heimat es do, wo de jlöcklich bes.“

Ja, ich glaube, Heimat ist dort, wo sich „Vertrautes“ für mich findet. Meine Straßen, mein Supermarkt mit der lustigen Dame an der Kasse, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, mein Karneval, mein Zuhause. Vielleicht merkt man auch erst, was Heimat ist, wenn dieses „Vertraute“ wegbricht, ein lieber Mensch geht, der Umzug bevorsteht, die Arbeitsstelle gewechselt wird oder einfach der Sommerurlaub ansteht und die Reise beginnt.

Wenn ich als Kind mit meiner Familie in Urlaub fuhr und wir die Rückreise antraten, sangen wir kurz vor dem Ziel immer diesen einen, kleinen Vers: „Ich seh’ den Dremmener Kirchturm!“ Diese Melodie werde ich wohl nie vergessen, denn an diesem Punkt empfand ich ein Gefühl von Heimat. „Vertrautes“ stellte sich für mich wieder ein, zum Greifen nah. Heute würde ich vielleicht nicht mehr unbedingt diesen Vers singen, aber es gibt diese kleinen Momente, Verse, Begegnungen, Bilder, die mir so vertraut sind, dass ich spüre:  „Hier ist meine Heimat!“ Vielleicht überlege ich mir meinen eigenen, kleinen Heimatvers …

Kerstin Schützendorf

Foto: J. Jansen: Dremmen von Westen aus gesehen (CC BY-SA 2.0 DE)

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