Dieser AugenBlick

Es war atemberaubend! Artisten drehten sich in schwindelerregender Höhe, Clowns nahmen das halbe Zelt auseinander, Seifenblasenartisten taten das Unmögliche, ein Beatboxer zeigte eine Körper- und Stimmbeherrschung vom Allerfeinsten, Saltokünstler flogen durch die Luft und Jongleure warfen Bälle kreuz und quer und fingen alle wieder auf.

Circus Roncalli feiert derzeit sein 40-jähriges Jubiläum und ich war dabei. Ich hatte mich wirklich sehr auf den Abend gefreut und ich wusste schon im Voraus, dass ich im Anschluss „Feuer und Flamme“ sein werde und mit einer kindlichen Leichtigkeit mehrere Male sage: „Ich möchte da mitmachen.“ Zirkus ist eine Welt die verzaubert, die Phantasie und Freude in die Mitte stellt und alles außerhalb der Manege für einen Augenblick vergessen lässt.

Aber ich habe in dieser Show etwas erlebt, was mich wirklich aus den Angeln gehoben hat.

Gensi Mestres ist seit 2005 festes Mitglied des Roncalli Ensembles und spielt als Weißclown den Gegenpart zum „dummen August“. Er ist es, der auch als Moderator durch den Abend begleitet, die Gäste begrüßt und verabschiedet. Sein Auftritt hat mich sehr berührt – oder vielmehr sein Blick. Gensi Mestres steht auf der Bühne, seine Lippen sagen: „Hochverehrtes Publikum, herzlich Willkommen zur Jubiläumsshow von Roncalli“, aber seine Augen sagen: „Hochverehrtes Publikum, ich freue mich außerordentlich vor Ihnen stehen zu dürfen, es gibt gerade keinen anderen Ort, an dem ich lieber wäre und ich freue mich über jeden einzelnen Gast.“ Ich glaube seinem Blick, Gensi Mestres lebt seine Berufung. Obwohl die Scheinwerfer jeden Abend auf ihn gerichtet sind und das Publikum streng ist, leuchten seine Augen. Sie haben eine Tiefe und Weite zugleich, eben das gewisse Etwas. Ich konnte an diesem Abend Berufung sehen, pures #Wofüressichlohnt. Noch während der Vorstellung kamen mir die Gedanken, ob ich auch so einen Blick habe? Oder je hatte?

Was muss in meinem Leben passieren, dass mein Gegenüber diesen Weißclownblick in mir erkennen kann? Wann lebe ich pures #Wofüressichlohnt?

Kerstin Schützendorf

Foto: Thomas Bittera: Gensi Mestres © Circus Roncalli (CC BY 2.0)

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