Der Single-Weihnachtsbaum

Und wieder stehe ich vor einer schwerwiegenden Frage: Gibt es dieses Jahr einen Tannenbaum oder nicht?

Klar gehört der Tannenbaum auch zu meinen kindlichen Erinnerungen an Weihnachten. Es gab immer eine lange Suche nach dem „perfekten“ Baum. Der Baum sollte gut aussehen, hoch und gerade gewachsen sein, die Äste und Nadeln möglichst dicht, er sollte die genaue Größe haben (die Spitze abzuschneiden geht gar nicht, war aber manchmal nötig) und er sollte möglichst lange halten. Manchmal uferte diese Suche aus und führte dann auch zu Familienkrisen. Dann kam die nächste Episode: Wie bekommt man den Baum möglichst gerade in seinen Ständer? Er wurde gedreht, angesägt, verschoben… Bis irgendwann die Erkenntnis kam, dass wir ihn einfach einmal schmücken sollten. Dann würden wir schon sehen, was wir noch verändern müssen. Aber wir waren selbst mit dem Schmücken noch nicht am Ende des Dramas angekommen. Denn die kommenden Tage hindurch wurden immer wieder Lücken im Schmuck entdeckt, die sofort gefüllt werden mussten. Der Tannenbaum wurde zum aktiven Kunstwerk.

Wenn ich so zurückschaue, dann klingt das alles surreal, sogar lustig. Es führte aber auch zu manchem Streit und auch zu Dramen in unserer Familie. Und dennoch, irgendwann kam zum Glück auch der Moment wenn alle sagen konnten: Der ist aber wirklich schön! Dann war „heiliger Abend“!

Als Familie hatte dies schon fast Tradition, es war sozusagen ein Teil der direkten Vorbereitung auf Weihnachten. Aber als Single, so ganz allein, lohnt sich da ein Baum? In meinem Keller stehen mehrere Kisten mit geerbten Kugeln, Lichterketten, Baumständer usw. Aber mich allein vor den Baum zu setzen liegt mir nicht.

In den letzten sechs Jahren mit eigener Wohnung und als priesterlicher Single habe ich mir nur ein einziges Mal einen Baum gegönnt. Das war auch nett, aber sehr viel hatte ich nicht davon. Ich war unterwegs, hatte Gottesdienste und war dann noch ein paar Tage im Urlaub. Und der arme Baum war ganz allein in meiner Wohnung: Der Single-Weihnachtsbaum! Gleichzeitig traf mich der ökologische Schlag: Wenn der Baum so allein zuhause steht, hole ich besser keinen. Der ist doch eh nur Biomüll, er wird ökologisch schädlich gezogen und dann kompostiert. Das unterstütze ich nicht. Außerdem kann ich mir die Dekozeit sparen und nutze die lieber für einen guten Film. Ich glaube, dass ich dieses Jahr wieder keinen Baum aufstelle. Das „lohnt“ sich nicht!

Aber eine coole Idee habe ich dann doch noch gefunden: In Düsseldorf gibt es ein cooles Start-Up namens „Happy Tree“. Hier haben zwei Typen eine Firma gegründet, die Weihnachtsbäume mit Wurzeln verleihen, nach Weihnachten wieder abholen, diese bis zum nächsten Weihnachtsfest wieder einpflanzen und pflegen und dann wieder verleihen. Das finde ich einmal eine wirklich coole Idee! Dann wird der Weihnachtsbaum-Biomüll ein wenig eingedämmt! Bravo! Wenn, dann vielleicht so im nächsten Jahr!

Foto: gennadi+ / photocase.de

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