Auferstehung

Die Osternacht 2011 verbrachte ich in der psychiatrischen geschlossenen Abteilung. Hatte eigentlich geplant, in die Messe zu gehen und dann überrannte mich das Leben und auf einmal konnte ich nicht mehr aufhören zu weinen. Eine Freundin brachte mich schließlich hin, da sie sich nicht mehr zu helfen wusste.

Ich habe wenig Erinnerungen an diesen Abend, außer dass ich am nächsten Morgen mit fremden Menschen im Zimmer aufwachte und der Blick in den Spiegel mir bestätigte, dass ich es mit jedem Zombie aufnehmen könnte. Da war ich also und es war Ostern. Über liebevoll gedeckten Tischen Frühstück, dann kündigte meine Zimmernachbarin an, zur Messe zu gehen. Das weckte meine Lebensgeister und ich schloss mich an.

Die Messe fand statt in der Demenzabteilung. Acht ältere Damen und Herren, meine Zimmernachbarin Mel und ich. Eine Messe, wie ich sie noch nie erlebt habe, die mich mehr berührt hat als das je eine Osternacht geschafft hat. Der Seelsorger erzählt das Märchen von dem Jungen, der dem Tod ein Schnippchen schlägt. Da laufen mir dann wieder die Tränen, wie auch einigen anderen, für die es vielleicht das letzte Osterfest auf dieser Welt ist. Mel legt ihre Hand auf meine. Ich registriere, dass ihr kompletter Arm mit Narben von Schnitten und ausgedrückten Zigaretten übersät ist.

Irgendwann in dieser halben Stunde ist er da, der Lebensfunke der mich durch die nächsten Wochen und Monate bringen wird.

Für mich ist Auferstehung seitdem nichts mehr, was mal eben passiert. Es ist ein Prozess, der weh tut, weil vieles zurückbleibt. Eine Heilung, an deren Ende, wenn es denn eines gibt, nicht alles gut ist. Bei der die Spuren bleiben, die all das vorher hinterlassen hat, auch wenn die Narben nicht bei jedem von uns so sichtbar sind, wie damals bei meiner Zimmernachbarin.

Ich glaube da, wo wir uns als wahrhaftige Menschen begegnen, mit all unseren Wunden und Narben, da wird Auferstehung möglich und da steht am Ende nicht mehr das Kreuz, sondern das uneingeschränkte Ja zum Leben.

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